TagReise

Postcards from America #6

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Boston und die logische Schlussfolgerung: Cape Cod, die beliebteste Urlaubsgegend der Nordostkuesten-Bewohner_innen. Im Sommer ist hier die Hoelle los, Mitte September geht es bereits ruhiger zu. Es ist wahrlich idyllisch: Einsame, langgezogene Sandstraende, Naturschutzgebiete und Wanderwege durch die Duenen. Ganz an der Spitze des Capes liegt Provincetown, auch P-Town genannt. Das kleine Staedchen war einst Walfaenger-Dorf, heute wird es noch immer von portugiesischen Nachkommen bewohnt. Und jeder Menge Kuenstler_innen. P-Town ist genauer gesagt der liberalste Ort der Ostkueste in den sonst nicht ganz so liberalen Staaten. „You’re not in Kansas anymore“ ist ein beliebter Slogan, der unter anderem ausdrueckt, dass Lesben und Schwule hier ungestoert ihren Urlaub verbringen koennen, ohne seltsame Blicke zu ernten. Provincetown hat sich ganz auf die bunte Mischung von Menschen aller Altersklassen eingestellt: sogar Kirchen zeigen die Regenbogenfahne. Eine wirklich angenehm entspannte Atmosphaere.

Mittlerweile bin ich uebrigens schon in den White Mountains, der atemberaubend schoenen Wildnis des Nordostens. Und nachdem es in den USA nahezu ueberall gratis Wifi gibt, sind Internet-Cafes kaum noch zu finden. Und Bloggen mit dem I-Pod ist anstrengend. In diesem Sinne war dies meine letzte Postkarte aus den Staaten. In spaetestens zwei Wochen koennt ihr hier lesen, was es aus  Maine und Kanada noch interessantes zu berichten gibt. Geniesst (sic) den restlichen Spaetsommer, wir lesen uns! Zum Abschluss ein paar Eindruecke aus New Hampshire (zur Fotobearbeitung blieb keine Zeit):

Postcards from America #5

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Naechster Stop: Boston, die Hauptstadt von Massachusetts. Etwas mehr als 600.000 Menschen leben in der „europaeischsten“ Metropole der Ostkueste. Wenn New York Berlin ist, dann waere Boston Hamburg. Sauber, in gewisser Hinsicht ueberschaubar, der Hafen, die vielen wohlhabenden Bewohner_innen. Und natuerlich: die Universitaeten. Unzaehlige Colleges und Schools haben sich in der Regi0n angesiedelt, die mit Abstand beruehmteste Universitaet ist wohl die Harvard University in Cambridge, das westlich an Boston anschliesst (sic). Harvard belegt nicht nur in Uni-Rankings regelmaessig (sic) einen der vordersten Plaetze, sie ist auch die aelteste Hochschule in den Vereinigten Staaten (1636 gegruendet).

Von den Studienbedingungen an der „Ivy League“ Kaderschmiede (rund 10 Prozent der Bewerber_innen werden aufgenommen) koennen oesterreichische und deutsche Studierende wohl nur traeumen, doch die Privatuniversitaet hat abgesehen vom elitaeren und ausschliessenden (sic) Charakter des amerikanischen Hochschulsystems auch andere Schattenseiten. Obwohl rund 48 Prozent der Studierenden Frauen sind, existierten bis 1977 Zugangsbeschraenkungen fuer Frauen, die am seperaten „Radcliffe College“ unterrichtet wurden. Erst 1999 erfolgte die endgueltige Zusammenlegung der beiden Bildungseinrichtungen. Sieht man/frau sich die Liste beruehmter Absolvent_innen an (Al Gore, Bill Gates, Henry Kissinger, Barack Obama, Natalie Portman…), so faellt auf: 90 Prozent Maenner. Zudem studieren nur rund 6 Prozent Afroamerikaner_innen in Harvard, fast 45 Prozent stellen Amerikaner_innen europaeischer Herkunft.

Boston laesst sich gut zu Fuss (sic) erkunden, rund um den „Freedom Trail“ befinden sich die wichtigsten Sehenswuerdigkeiten der Stadt. Wer abseits der touristischen Pfade wandeln moechte, kann dabei ein Stueck Frauengeschichte lernen. Der Verein „Boston Women’s Heritage Trail“ hat sieben Spaziergaenge durch Boston zusammengestellt, an deren Weg entlang man/frau die Geschichte von mehr als 200 bedeutenden Frauen Bostons kennenlernen kann: „Women’s lives and achievements have enriched the history of Boston for almost four centuries, yet the significance of their stories is often overlooked. Patriots, intellectuals, abolitionists, suffragists, artists, and writers – Boston women have always played an integral role in shaping history.“ Am Weg durch Jamaica Plain liegt unter anderem das Geburtshaus von Sylvia Plath. Das unscheinbare Haus im italienischen North End traegt kein Schild, das darauf hinweist, Boston erinnert Vorbeigehende nicht an seine beruehmte Tochter.

Was das North End ansonsten zu bieten hat: unzaehlige italienische Restaurants (wenn auch die amerikanische Version italienischer Kueche etwas gewoehnungsbeduerftig ist) und herrliche Baeckereien. Wie „The Modern Pastry“ oder „Mike’s Pastry“, die in der Hanover Street von Weitem zu sehen sind, da die Menschen davor Schlange stehen, um Cheese Cake, Lime Tartes und Chokolade Fudge Cupcakes zu ergattern. Ein himmliches Vergnuegen.


Beacon Hill – Huegel der Wohlhabenden


Boston Common / Skyline

Postcards from America #4

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New York ist eine grossartige (sic) Stadt (wem muss ich das noch sagen?) und 4 1/2 Tage sind natuerlich viel zu kurz, um das Lebensgefuehl der Metropole in sich aufzusaugen. Nach dem ziellosen Herumtreiben in den verschiedenen Vierteln konnte ich mir die zwei interessantesten Kunst-Museen nicht entgehen lassen: das Guggenheim Museum (allein schon wegen der Architektur sehenswert) und das Museum of Modern Art. Im MoMa, das in der 53. Strasse (sic) zwischen 5. und 6. Avenue liegt, sind nicht nur Malerei und Bildende Kunst, sondern auch Fotografie, Design und Architektur ausgestellt – an nur einem Nachmittag ist es da kaum moeglich, die tausenden Werke ausreichend auf sich wirken zu lassen.

Da muessen Highlights ausgewaehlt werden – etwa die Ausstellung mit den Bildern einflussreicher Fotografinnen (wobei es sich darueber streiten laesst, ob es wirklich so eine tolle Strategie ist, Frauen in einen eigenen Raum zu verbannen). Mit dieser Praesenz von Frauen in der Kunst haben sich in die „Guerrilla Girls“ auseinandergesetzt. 1989 stellte die New Yorker Gruppe radikaler Feministinnen die beruehmt gewordene Frage: „Do women have to be naked to get into the Metropolitan Museum?“ Poster der Guerrilla Girls Aktionen gibt es auch im MoMa zu sehen:

Ein weiterer Stadtteil, den man sich in New York nicht entgehen lassen sollte, ist Williamsburg in Brooklyn. Wer mehr oder weniger aufmerksam popkulturelle Medien verfolgt, wird vermutlich schon von „Hipsterville“ gelesen haben. Das urspruenglich von orthodoxen Jued_innen gepraegte Gebiet hat jede Menge Bars, Clubs, Cafes, provisorisch aufgebaute Buchstaende und Second-Hand-Laeden zu bieten. Und obwohl die Kunst-Szene und die Jugendkultur dort eigentlich schon lange nicht mehr zuhause ist (ich mag das Wort kaum mehr in den Mund nehmen: Gentrifizierung, ausgehend von den 90er Jahren), wirkt Williamsburg (rund um die Bedford Avenue) irgendwie authentisch, sympathisch herunterkommen, charmant. Nun gut, das „heruntergekommen“ sollte angesichts der vielen Immobilienbueros, die Lofts fuer mehrere Tausend Dollar pro Monat feilbieten, mit Vorsicht genossen werden. Die Menschen, die sich das nicht mehr leisten koennen, sind laengst in andere Teile von Brooklyn weitergezogen. Schade drum.

Postcards from America #3

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Tag 2 in New York, Manhattan, die „eigentliche“ Stadt. Die Strassen stets ueberfuellt mit Tourist_innen und Leben, etwas das mir in Wien gelegentlich fehlt (nein, ich meine nicht die Tourist_innen). Wer in Manhattan lebt, der/die hat es angesichts der Mietpreise geschafft. John, der fuer die Regierung arbeitet, wohnt in Brooklyn und bezahlt 1300 Dollar monatlich fuer sein (recht gerauemiges) Single-Appartement. Seine Freudin Sarah und ihr Partner bezahlen fuer 20 Quadratmeter weniger den selben Preis. Und zwar, weil das Appartement eine Metro-Station naeher an Manhattan liegt.

 

Was New York so lebendig macht, sind wohl auch die Bewohner_innen aus ganz unterschiedlichen Laendern und Kulturen. Ein internationales Flair, das auf den ersten Blick idyllisch wirkt. Doch Ethnizitaet ist hier wohl weitaus entscheidender als Geschlecht, wenn es um die Verteilung von Arbeit geht. Tuersteher_innen, Hot Dog Verkaeufer_innen, Reinigungspersonal – in diesen Positionen arbeiten Schwarze, Latin Americans und Menschen aus dem Nahen Osten. Maenner wie Frauen.

Eine durchwegs charmante, wenn auch ebenfalls gentrifizierte Gegend ist Greenwich Village. Bevor die Mieten unbezahlbar wurden, siedelten sich  viele Kuenstler_innen an (die Beat Generation versammelte sich hier einst), heute ist das Viertel ein Zentrum der New Yorker Gay Communinity und der (Upper Middleclass) „Latte Sipping Liberals“. Durch Greenwich Village verlauft die Christopher Street, jene Strasse, die dem deutschen „Christopher Street Day“ ihren Namen verleiht. Erinnert wird an einen Aufstand von Homosexuellen im Jahr 1969, als diese sich gegen zunehmende Polizeigewalt zur Wehr setzten. In New York wird diesem Ereignis am letzten Samstag im Juni gedacht, dem Christopher Street Liberation Day.

Postcards from America #2

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Ich bin in New York angekommen. In Brooklyn, Naehe Park Slope, ein sehr nettes Viertel, Brooklyn Brownstone, wenn auch klassisches Opfer der Gentrifizierung. Ein wenig wie der Prenzlauer Berg, nur mit etwas mehr Charme.

In New York ist der Herbst noch nicht angekommen, ich geniesse (sic) einen lauen Restsommertag vor dem Labour Day, halb Brooklyn treibt sich im Prospect Park herum, grillt, joggt, heiratet oder sonnt sich auf den schier endlosen Gruenflaechen. Etwas erinnert mich an Stockholm: Im Gegensatz zu Oesterreich sind viele Vaeter mit Kleinkindern zu sehen, auch wenn Mama nicht dabei ist. (Nun gut, Brooklyn ist nicht unbedingt repraesentativ fuer die Vereinigten Staaten.)

Auf dem Nachhauseweg ist mir die „Gay City News“ ins Auge gesprungen. Neben politischer und gesellschaftlicher Berichterstattung gibt es in der Gratiszeitung („Serving Gay, Lesbian, Bi and Transgendered New York“) Veranstaltungstipps fuer jeweils 14 Tage im Voraus – von Theater und Performance bishin zu Party, Ausstellungen oder Festivals. „Gay City News“ gibt es natuerlich auch online: Link

Postcards from America #1

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Noch bin ich nicht in New England, sondern Pennsylvania. Ein charmanter Bundesstaat: Wald, Wildnis und kleine idyllische Doerfer, die als historische Schauplaetze mit Mitteln der Regierung am Leben gehalten werden. Dazwischen Siedlungen, in denen sich identische Haueser endlos aneinanderreihen (einige mit Pool, Tennisplatz und Clubhaus, andere dem Verfall nahe), umringt von Fast Food Restaurants, Walmarts und Giant Stores.

Pennsylvania teilt sich in 67 Counties, unweit von Philadelphia liegt Lancester, die Gegend, in denen nach Ohio die meisten Amish leben. Obwohl man bereits unzaehlige Dokumentation ueber sie gesehen hat, ist es ein seltsames Gefuehl, sie tatsaechlich bei der Ernte rund um ihre charakteristischen Farmen zu beobachten. Bei einer Fahrt durch Lancester County muss man/frau staendig Kutschen, Pferdefuhrwerke oder Maenner auf ihren Tretrollern ueberholen. Maenner, versteht sich, denn die Amish, die jeglichen technischen Fortschritt ablehnen, leben in extrem patriarchalen Strukturen. Dennoch werden sie von vielen Menschen romantisiert: Ein Leben mit Gott, harter Arbeit und Kerzenlicht. Die strengglauebige Gemeinschaft, die sich selbst als auserwaehltes Volk Gottes betrachtet, waechst aufgrund hoher Geburtenraten sogar kontinuierlich.

Die nettesten Plaetze in Pennsylvania findet man/frau abseits der Highways. Lokale Baeckereien (die nicht nur Cupcakes und Cookies verkaufen), stillgelegte Fabriken und idyllische Landschaften. Oder aber Baldwin’s Book Barn in Chester County. Die alte Scheune beherbergt auf vier Stockwerken tausende von gebrauchten Buechern, einige Hauskatzen und gemuetliche Lese-Ecken. Kaum zu fassen, aber wahr: Auch eine Gender Studies Abteilung wurde eingerichtet. Ich darf nun eine abgenutzte Essay Sammlung von Teresa de Lauretis mein Eigen nennen.

USA

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In den kommenden vier Wochen wird es auf der Denkwerkstatt nicht die gewohnten Blog-Einträge geben. Ich bin nämlich unterwegs. In den USA, genauer gesagt Neuengland. Da ich meine Leserinnen und Leser aber nicht so lange auf dem Trockenen sitzen lassen kann, wird es hier (unregelmäßig) virtuelle Postkarten aus Übersee geben. Im Idealfall vollgepackt mit Infos zur amerikanischen Frauenpolitik, Medienereignissen und Fotos von Sylvia Plaths Geburtshaus (Boston). Man/frau liest sich!

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