Archive2012

Filmtipps: Dokumentationen

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verliebt,  verzopft, verwegen – Geschichten lesbischer (Un)Sichtbarkeit im Wien der 50er und 60er Jahre“ ist bereits 2009 erschienen und auf verschiedenen Festivals gelaufen. Wer die Dokumentation von Katharina Lampert und Cordula Thym noch nicht gesehen hat, kann sich die DVD zum Beispiel hier und vermutlich auch hier besorgen. Dringende Empfehlung!

Im November startet „Oh Yeah, She Performs“ in den österreichischen Kinos. Ich habe den Film noch nicht gesehen, finde das Konzept aber spannend und werde auf jeden Fall hingehen. „Nervosität back-stage, Adrenalin on-stage, Band-Alltag off-stage. Vier junge Frauen, die ein Traum verbindet: eigene Musik zu komponieren, zu produzieren und davon leben zu können, ohne Kompromisse! Gustav, Clara Luzia, Teresa Rotschopf und Luise Pop auf ihrem Weg durch die Höhen und Tiefen eines selbstbestimmten Lebenstraumes. Ein Musikerinnenfilm.“

Update 30.09.: Warum der Film mit Vorsicht zu genießen ist, könnt ihr in der Oktober-Ausgabe der an.schläge nachlesen.

Links: Film-Websites „verliebt, verzopft, verwegen“ + „Oh Yeah, She Performs

FrauenSommerUni – Eindrücke

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9 Monate lange gegrübelt, hunderte E-Mails verschickt, Plakate geklebt, diskutiert, Buttons gebastelt, Förderanträge ausgefüllt – und so schnell ist das Ganze wieder vorbei. Aber: Die Arbeit hat sich gelohnt! Für mich war die FrauenSommerUni 2012 (19. – 22. September) eine tolle Erfahrung, vor allem auch, da ich trotz Orga-Arbeit viele der Vorträge und Workshops besuchen konnte. Eine ausführlichere Nachbetrachtung folgt, für euch gibt es jetzt erst mal einige Eindrücke der Veranstaltung. (Alle Fotos: Bettina Frenzel)


Unsere wunderschöne Kapelle…

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Wo sind die Feministinnen?

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„Heute gibt es keine Frauenbewegung mehr“ – über diesen Satz bin ich schon öfter gestolpert. Nun gut, da stellt sich die Frage, was mensch denn eigentlich unter „Frauenbewegung“ versteht, aber diese Feststellung verblüfft mich doch immer wieder. Auch Bettina Haidinger hat dies zuletzt bei den „Wiener Vorlesungen“ geäußert, wie Feminist Mum berichtete. Interessant ist, dass sowohl Feminist*innen als auch Menschen, die sich nicht feministisch engagieren, Ähnliches behaupten (mal abgesehen von jenen, die sich von Dekonstruktivistinnen bedroht fühlen).

Wie eine Sicht von „außen“ auf das feministische Geschehen in Österreich aussehen könnte, kann ich selbst kaum beurteilen: Was wird wahrgenommen und was nicht? Einen Star, eine feministische Integrationsfigur (oder Abgrenzungsfigur?) gibt es dabei gegenwärtig meiner Meinung nach nicht. Und ich will damit auch gar nicht sagen, dass das notwendig wäre – aber: Österreich hat eben keine Alice Schwarzer, die in der Krone ebenso besprochen wird wie in den an.schlägen, weil mensch einfach nicht an ihr vorbeikommt. In den Mainstream-Medien ist Feminismus selten Thema, selbst rund um den 100. Internationalen Frauentag fiel die Berichterstattung recht spärlich aus.

Wer morgens die Zeitung aufschlägt, erfährt also nicht unbedingt, was sich in den feministischen Szenen in Österreich bzw. Wien denn so abspielt. Allerdings – vielleicht überrascht das einige –  tut sich da eine Menge. Abseits der parteipolitischen Organisationen und Interessenvertretungen sind es verschiedene (meist staatlich geförderte) Vereine, die feministische Projekte umsetzen. Im Bereich Arbeit zum Beispiel Sprungbrett, LEFÖ setzt sich unter anderem mit Sexarbeit auseinander, bei Maiz vernetzen sich Migrantinnen, Fiftitu% und Femous leisten wichtige Vernetzungsarbeit in Kunst und Kultur, die Frauenhetz ist ein zentraler Ort für feministische Bildung bzw. Wissenschaft und der Verein AÖF fungiert als Drehscheibe für österreichische Frauenhäuser. Selbst eine Dachorganisation für Frauenvereine wurde gegründet: Der Frauenring vereint mehr als 40 Organisationen, seit 2011 gibt es die Plattform 20000frauen.

Aber das ist noch lange nicht alles. In Wien gibt es zahlreiche politische Initiativen und Orte, an denen feministische/queere/lesbische/antirassistische Politik stattfindet. Das FZ etwa, das Frauen*café, die Rosa Lila Villa, das Gugg, das queer und das Flash Mädchencafé. Viele Projekte entstehen außerdem im Umfeld des Frauen*referats der ÖH der Uni Wien. Selbst feministische Medien konnten in Österreich erfolgreich Gegenöffentlichkeiten schaffen: die an.schläge, fiber, die Frauensolidarität oder etwa die AEP Informationen – einzigartig als kommerzielles Medium ist auch diestandard.at. Wer feministisches Theater erleben möchte, sollte das KosmosTheater besuchen, Stichwort bietet ein Archiv der Frauen- und Lesbenbewegung und seit kurzem hat Wien auch wieder eine feministische Buchhandlung.*

Seit 2007 findet jährlich die FrauenSommerUni in einem anderen Bundesland statt und auch im Netz tut sich mittlerweile einiges: Im August hat in Wien das erste Netzfeministische Bier stattgefunden und immer wieder starten neue feministische Blogs (z.B. hier und hier). Auch drei Watchgroups gegen sexistische Werbung (Graz, Wien, Salzburg) sind online zu finden.

Was ich damit sagen wollte (vielleicht ist es euch schon aufgefallen): Es gibt sehr viele (queer-)feministische Vereine, Projekte, Medien und Initiativen – meine Aufzählung hier stellt nur einen kleinen Ausschnitt dar. Allerdings darf dieser Umstand nun auch nicht falsch ausgelegt werden, viele Organisationen kämpfen um ihre Finanzierung und sind auf die Arbeit von prekär beschäftigten Frauen* angewiesen. Warum nun aber dieses Gefühl, dass eine Frauen*bewegung bzw. Bewegungen nicht mehr existent seien, wenn in so vielen Kontexten feministische Politik betrieben wird?

Historisch betrachtet hat sich seit den 1970er Jahren natürlich einiges verändert. „Von den 1970er Jahren bis zu den 1990er Jahren standen Thematisierungen des Geschlechterverhältnisses, institutionelle und autonome Politik in einer engen Wechselbeziehung, während danach soziale Bewegungen, die die Geschlechterverhältnisse in Frage stellten, durch die institutionelle Politik immer mehr marginalisiert wurden“, schreiben Johanna Gehmacher und Maria Mesner in „Land der Söhne“. Dass Frauenpolitik eine Institutionalisierung erfuhr und in die viel beschworene Mitte der Gesellschaft rückte, hatte und hat auch Auswirkungen auf die „autonome“ Frauen*bewegung (siehe Denkwerkstatt-Interview mit Maria Mesner).

Zugleich sprechen viele Autor_innen von einem neuen antifeministischen Backlash, die britische Kulturwissenschafterin Angela McRobbie spricht etwa von einer „Desartikulation des Feminismus“: Politische und mediale Diskurse zielen darauf ab, die Notwendigkeit feministischer Politik als historisch erledigt und überholt erscheinen zu lassen. Feministische Forderungen werden dementsprechend als „übertrieben“ und „zu radikal“ abgestempelt. In einer solchen Situation erscheint es noch schwieriger, feministische Themen in den Medien zu positionieren – Frauenpolitik und Feminismus bleiben ein Spartenprogramm.

Die nackten Zahlen sprechen jedoch eine andere Sprache – von überholt keine Spur. Noch immer werden dieselben Forderungen (Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!) formuliert, Frauenhäuser werden wieder in Frage gestellt, die Debatte um eine automatische gemeinsame Obsorge wird von väterrechtlichen Positionen dominiert und auch für das Recht auf Abtreibung muss nach wie vor auf die Straße gegangen werden.

Ist also wieder die Zeit für mehr Gemeinsamkeit gekommen? Braucht es mehr Vernetzung und Solidarität, auch wenn das trügerische „Wir“ der Frauen*bewegung als ausschließend und vereinnahmend entlarvt wurde? Ist die Kategorie „Frau“ angesichts neuer ökonomischer Härten obsolet geworden oder ist gerade das ein Trugschluss?

In Österreich hat die Plattform 20000frauen einen solchen Versuch der Gemeinsamkeit gestartet: Organisationen vernetzen, gemeinsame Aktionen planen – der Versuch wurde in unterschiedlichen Kontexten mehr oder weniger positiv aufgenommen. „Heute, 100 Jahre später, sind viele der damals eingeforderten Rechte umgesetzt, manche werden schon wieder in Frage gestellt, andere noch gar nicht eingelöst und viele neue Forderungen und Visionen sind dazugekommen. Wir wissen, dass wir uns – trotz aller Unterschiede – nicht spalten lassen dürfen, wollen wir als gemeinsame Bewegung Kraft entfachen“, so wurde es in der Vision der 20000frauen formuliert.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich in Österreich gerade etwas im Aufbruch befindet. Vielleicht können wir ja bei der FrauenSommerUni darüber diskutieren (dort stellt sich auch die Plattform 20000frauen zur Diskussion).

*Hierbei handelt es sich um eine kleine, subjektive Auswahl aus meinem Erfahrungszusammenhang- kein Anspruch auf Vollständigkeit! Hinweise werden gerne entgegengenommen!

 

Frau Johansson hält eine Rede (mit Foto)

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Wir kennen das: Wenn Frauen öffentlich sprechen, dann richtet sich der mediale Fokus nicht (nur) auf Inhalte, sondern auf die Verpackung. Welches Kleid trägt sie? Ist eine solche Hose bei einem Parteitag erlaubt? Handelt es sich dabei um Stars und Sternchen, so rückt der Text noch mehr in den Hintergrund, um dem Bild Platz zu machen.

Bei der Convention der US-DemokratInnen hat jüngst Scarlett Johansson gesprochen. Dass die Fotos von ihrer Rede in einem Online-Medium für Traffic sorgen, ist evident. Aber was hat die Schauspielerin denn eigentlich gesagt? Wer das auf derstandard.at nachlesen möchte, wird leider nicht fündig werden. Während mensch sich bei anderen Medien zumindest bemüht hat, ein, zwei Sätze den Inhalten zu widmen, so hat sich die Standard-Redaktion auf das Wesentliche beschränkt. Das Resultat: der Nachrichtenwert des Jahres:

Scarlett Johansson hält eine politische Rede und reißt dabei die Arme in die Höhe

FrauenSommerUni: Jetzt anmelden!

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Im September erwartet euch ein verlängertes queer-feministisches Wochenende in Wien: von 19. bis 23. September gehen die FrauenSommerUni, das rampenfiber-Festival und die fußBALLade über die Bühne.

Das Programm der FrauenSommerUni ist mittlerweile online, für Workshops müsst ihr euch bis 14. September anmelden. Auch für die (kostenlose) Kinderbetreuung durch die Kinderfreunde solltet ihr euch bitte über ein Online-Formular anmelden. Starten wird die FSU mit einer Willkommensveranstaltung am Mittwoch (19.09.) um 17 Uhr. Ort: Alte Kapelle, Campus, Altes AKH, Spitalgasse 2-4, Hof 2.8. Bei dieser Gelegenheit könnt ihr uns kennenlernen, die Workshops und Vorträge werden vorgestellt und Rosemarie Ertl (Netzwerk Frauen- und Mädchenberatungsstellen) wird zum Thema „Feminismen leben – (auch) eine Frage der Ressourcen?“ sprechen. Bei Wein und Snacks könnt ihr anschließend plaudern und/oder am 2. Netzfeministischen Bier teilnehmen (ab 19.30 Uhr im Weltcafé).

                

Am Donnerstag, Freitag und Samstag finden dann jeweils vormittags und nachmittags Workshops, Vorträge, Lesungen und Diskussionsrunden parallel statt. Die Wahl wird euch bei diesem Angebot vermutlich schwer fallen – hier einige Highlights für euch (subjektive Auswahl!).  Allen künstlerisch-politisch Interessierten kann ich den Stencil-Workshop am Donnerstag und den Radical-Handcrafting-Workshop am Samstag (Achtung, findet in der Frauenhetz statt!) empfehlen. Außerdem wird es zwei Schreibworkshops geben: „Schreiben wirkt“ am Donnerstag und Freitag und „Kreativ schreiben und sich aufführen„, ebenfalls am Donnerstag und Freitag.

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Macht durch Bücher: Die patriarchale Dimension der Bibliothek

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Was ist das Thema deiner Arbeit?

In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der Darstellung der Bibliothek in Literatur und Film der Gegenwartszeit. Mein Fokus liegt dabei auf der patriarchalen Dimension der Bibliothek, das heißt inwiefern patriarchale Strukturen bis in die Gegenwartsliteratur und den Film transportiert werden.

Was sind deine zentralen Fragestellungen?

Meine These lautete, dass die in Literatur und Film dargestellten Bibliotheken einer patriarchalen Ordnung folgen, die Frauen ausschließt und sie somit nicht an der Wissensordnung teilhaben lässt. Daraus ergibt sich dann die Frage, wie sich das patriarchale System in der Bibliothek konstituiert und welche Ausschlussmechanismen produziert werden.

Warum hast du dich für dieses Thema entschieden?/Wie bist du darauf gestoßen?

Bibliotheken haben auf mich schon immer sehr faszinierend gewirkt. Besonders spannend ist dabei für mich wie sie in Literatur und Film dargestellt werden und in Anschluss daran wie Literatur und Literaturvermittlung in literarischen und filmischen Werken dargestellt wird. Bei meiner Lektüre solcher Werke oder wenn ich einen Film mit einer Bibliothek als zentralen Ort gesehen habe, habe ich dann angefangen mich zu fragen, warum eigentlich zum Großteil nur Männer als aktiver Part in der Bibliothek zu sehen sind, während die Bibliothekarin eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Diese klassische Zweiteilung ist auch bei der Bibliotheksbenutzung zu sehen, bei der den männlichen Figuren ein aktiver Part zugeschrieben wird, während weibliche Figuren nur als Subalterne gezeigt werden.

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unHEIMelig

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„Unheimlich sei alles, was ein Geheimnis, im Verborgenen bleiben sollte und hervorgetreten ist.“ (Freud, Das Unheimliche, 2008,143)

Den öffentlichen und privaten Bereich betreffend, schreibt Hannah Arendt, dass der Unterschied letztlich auf einen Unterschied zwischen Dingen, die für die Öffentlichkeit, und denen, die für die Verborgenheit bestimmt sind, hinauslaufe. (Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Sein, 1994, 69) Das, was im Verborgenen ist, was vor dem Blick verborgen bleiben soll, sind Tätigkeiten, die beinahe ausschließlich Frauen ausführen. Das Heim betreffend, sind es solche, die landläufig ein Heim erst zu einem Heim machen – das Versorgen und Verschönern. Zumeist Liebesdienste. Immer unbezahlt. Kaum der Rede wert.

Ebenso das Textile. Wolle ist ein Material, das in der Öffentlichkeit nur dann zu sehen ist, wenn es zu Kleidung verarbeitet, am Körper getragen wird. Frauen, die handarbeiten, und es sind fast nur Frauen, die es tun, tun dies für sich, meistens aber für die Familie, die Kinder. Wo wir wieder bei den Liebesdiensten sind. Bei der Nichtentlohnung.

Der Rede wert. Der Klorollenhut ist ein Symbol für das Private, das in die Öffentlichkeit drängt. Gehäkelt, Handarbeit, dazu dienend zu schmücken, das Heim erst heimelig zu machen. Als vergessenes Artefakt, als Abjekt rückt er überdimensional und damit entfremdet und entfremdend in den öffentlichen Raum und transportiert die Funktion, die er im Privaten besitzt, schmückend zu verbergen, Dekoration zu sein mit der primären Aufgabe zu verstecken und dadurch Wohnungen zu zurechtgeschmückten Gespenstern werden zu lassen, zu Idyllen, Bühnen idealisierter Bilder des Selbst und der Familie. Die Maskerade, deren Symbol er ist, wird durch die überdimensionale Zurschaustellung im öffentlichen Raum entblößt. Die vertraute Heimeligkeit wird zur Unheimlichkeit.

Diesen Samstag (18.08.2012, 16 Uhr, Wallensteinplatz, 1200 Wien) stellen Antonia Wenzl und Betina Aumair von den Strickistinnen die Installation unHEIMelig vor.

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